Sind
Anfallskinder behinderte Kinder?
Eine
Behinderung besteht für die meisten Kinder nur bei einem Anfall. Hinzu kommen
nicht selten notwendige Vorsichtsmaßnahmen, welche die
Kinder in ihren Aktivitäten einschränken und damit in ihrer Lebensführung
behindern. Außerdem benötigen sie gelegentlich eine vermehrte Betreuung - etwa
eine Aufsicht beim Baden. Bei seltenen Anfällen und sonst unauffälliger
Entwicklung wird man allgemein nicht von einem "behinderten Kind" sprechen.
Doch
schon vom Säuglingsalter an können mit einem amtlich zuerkannten "Grad der
Behinderung" auch schon bei geringer Anfallsneigung steuerliche Vorteile
für die Familien genutzt werden. Es kann ein Pauschalbetrag vom
steuerpflichtigen Jahreseinkommen der Eltern abgezogen werden, auch schon für
das ganze Kalenderjahr, in dem die Behinderung festgestellt wird. Auch
Kinderbetreuungskosten können unter bestimmten Voraussetzungen als
außergewöhnliche Belastung anerkannt werden.
Der
Antrag auf Anerkennung als Behinderter - ggf. Schwerbehinderter - mit
Feststellung des Grades der Behinderung wird beim Versorgungsamt gestellt.
Dabei sollte das Anfallsleiden möglichst genau geschildert werden, besonders
die Art und Häufigkeit und Auswirkungen der Anfälle. Ärztliche Atteste und
Befunde sollte man anfügen.
Die
Einstufung wird nach einer Tabelle vorgenommen, die zum Beispiel schon einen
GdB von 40% vorsieht bei sehr seltenem Auftreten generalisierter
großer oder komplex-fokaler Anfälle mit Pausen von
mehr als 1 Jahr; bei kleinen Anfällen (z.B. Absencen)
und einfach fokalen Anfällen mit Pausen von Monaten. Ein
GdB von 50-60 wird anerkannt bei seltenen Grand mal und komplex-fokalen Anfällen
mit Pausen von Monaten, kleinen und einfach fokalen Anfällen mit Pausen von
Wochen. Ein GdB von 60-80 gilt bei mittelhäufigen Grand mal und komplex-fokalen
Anfällen mit Pausen von Wochen, kleinen und einfach fokalen Anfällen mit Pausen
von Tagen; bei häufigeren Anfällen wird ein GdB von 90-100 zuerkannt.
Die
Steuerabzug-Pauschalen betragen seit 1.1.2002 bei einem Grad der Behinderung
(GdB) von
25
und 30 % : 310,00 Euro / 35 und 40% : 430,00 Euro / 45 und 50 % : 570,00 Euro /
55 und 60 %: 720,00 Euro / 65 und 70 %: 890,00 Euro / 75 und 80 %: 1060 Euro /
85 und 90 %: 1230 Euro / 95 und 100 %: 1420 Euro.
Nur
eine Minderzahl der Anfallskinder ist erheblich behindert. Eine Neigung zu
häufigen oder gefährlichen Anfällen - etwa Sturzanfällen - kann eine ständige
Aufsicht erfordern. Bedeutsam ist oft auch eine zusätzliche Behinderung, etwa
eine spastische Lähmung oder andere Entwicklungsstörung nach frühkindlichen
Hirnschäden.
Als schwerbehindert gilt amtlich eine Person,
wenn der "Grad der Behinderung"(GdB) mit wenigstens 50% festgestellt
wird. Im Beruf besteht für einen Jugendlichen mit einem
Schwerbehindertenausweis ein besonderer Kündigungsschutz und Anspruch auf 5
Tage Zusatzurlaub und Befreiung von Mehrarbeit. Gelegentlich kann ein
Schwerbehindertenstatus für Jugendliche sich auch ungünstig auswirken, etwa bei
einer Bewerbung um einen Ausbildungsplatz. Zu solchen sehr individuellen
Problemen lassen Eltern sich am Besten von Selbsthilfegruppen beraten. Adressen
- und auch direkte Beratung - kann man über die Deutsche Epilepsievereinigung (www.epilepsie.sh ) erfahren.
Wenn
der Behindertenausweis zusätzlich das Merkzeichen G enthält (= gehbehindert;
zumindest in seiner Bewegungsfähigkeit - evtl. auch Orientierungsfähigkeit -
erheblich eingeschränkt) oder aG (außergewöhnlich gehbehindert) können auch
Vergünstigungen im ÖPNV sowie bei der Kfz-Steuer und Sonderparkgenehmigungen in
Anspruch genommen werden. Ein Merkzeichen B (=ständige Begleitung erforderlich)
und H (=Hilflosigkeit) bedeutet Anrecht auf noch weitergehende Hilfen,
besonders auch eine unentgeltliche Beförderung mitsamt einer Begleitperson im
Nah- und Fernverkehr.
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