Was ist zu beachten, wenn Lichtreize Anfälle
auslösen?
Bei etwa 8 Prozent
aller Kinder im Alter von 5 bis 15 Jahren – somit auch bei anfallsfreien,
gesunden Kindern - findet man zeitweise im EEG bei einer Reizung mit
flackerndem Licht ( Fotostimulation ) unregelmäßige Spitze-Welle-Muster (
spike-wave-Komplexe ), also epilepsietypische Potentiale. Diese
Erscheinung nennt man Fotosensibilität ( Lichtempfindlichkeit ). Bei Mädchen
findet man diese Erscheinung 1,5 - 2 mal häufiger als bei Jungen.
Bei unter
Flickerlicht deutlich erkennbarer Fotosensibilität sollte man bei
Routine-EEG-Kontrollen eine Fotostimulation vermeiden, oder diese allenfalls
nur vorsichtig anwenden und beim Auftreten der ersten Spitzenpotentiale
abbrechen, um nicht das Risiko einzugehen, unter der EEG-Ableitung einen Anfall
damit auszulösen.
Nur 2,5 % ( ! )
der fotosensiblen Kinder erkranken an einer Epilepsie. Bei Kindern mit einer
Epilepsie findet man eine Fotosensibilität vermehrt, in etwa 25 Prozent,
besonders bei Epilepsien mit idiopathischen generalisierten
Anfällen sowie bei Okzipitallappen-Epilepsien. Aber nur
bei einem ( ! ) Kind von 10 fotosensiblen Anfallskindern lösen Lichtreize
"fotogene Anfälle" aus, vor allem generalisierte
Krampfanfälle und Absencen. Wenn die Anfälle vorwiegend
durch Lichtreize ausgelöst werden, spricht man von einer fotogenen Epilepsie
oder Foto-Epilepsie.
Von Kindern mit
solchen fotogenen Anfällen ist
meistens schon bei der Diagnose einer Epilepsie und Einstellung auf ein
Medikament die Auslösung von Anfällen durch Lichtreize bekannt. Besonders
flimmernde Hell-Dunkel-Kontraste, wie sie von Fernsehgeräten oder Monitoren von
Computern, besonders auch bei Video-Spielen vorkommen, können bei ihnen Anfälle
hervorrufen. Die kleinen sogenannten "game-boys" kommen dagegen als
Auslöser nur sehr selten in Betracht. Gefahren können auch von
sonnenbeschienenen Schnee- und Wasserflächen ausgehen oder beim Rad- oder
Autofahren entlang einer sonnenbeschienenen Baumreihe, auch vom Flackerlicht in
einer Diskothek. Auch allein das Betrachten kontrastreicher Streifen- oder
Schachbrettmuster kann - selten - anfallsauslösend sein.
Den Kindern und
Jugendlichen, die fotogene Anfälle erlitten haben, können - neben der
Einstellung mit Medikamenten - folgende Empfehlungen gegeben werden:
Die Videospiele
oder die Art Fernsehsendungen, die einen Anfall ausgelöst haben, sind zu
meiden. Das Flimmern des Monitors, die besonderen Bildfolgen und -muster können
optisch wie psychisch sowohl einzeln wie auch zusammen als Auslöser gewirkt
haben.
Farbbildschirme -
zum Fernsehen und als PC-Monitore - sind
besser verträglich als Schwarz-Weiß-Geräte. Der Bildschirm sollte eine hohe
Bildwiederholfolge aufweisen (100/sec). Er sollte aus größerer Entfernung -
mindestens der 4-fachen Bildschirmdiagonale - in einem beleuchteten Raum
betrachtet werden. Beleuchtete Räume - oder auch nur Leuchten neben dem
Fernsehgerät oder PC-Monitor - sind wichtig, um die Hell-Dunkel-Kontraste
abzuschwächen.
Kleinere
Bildschirmformate sind weniger anfallsauslösend als große, auch sind
LCD/TRF-Monitore den herkömmlichen Röhren-Monitoren vorzuziehen. In einigen
Fällen empfiehlt sich zusätzlich das Tragen einer grüngetönten polarisierten
Sonnenbrille, die vom Arzt verschrieben werden kann. Dies gilt auch für den
Aufenthalt im Freien, besonders bei Sonnenschein.
Wenn Videospiele
oder Fernsehsendungen in ihren Bildfolgen flackernde Lichtreize mit Frequenzen zwischen 5 und 50 / Sekunde
enthalten, können dafür empfindliche Kinder mit fotogenen Anfällen reagieren,
was dann auch ein flimmerfreier Bildschirm nicht verhindern kann.
Zu vermeiden ist
außerdem eine Übermüdung und Verkürzung des Nachtschlafs vor dem Fernsehapparat
oder dem PC.
Sollten trotz der
empfohlenen Maßnahmen noch fotogene Anfälle auftreten, müssen Fernsehen, Videospiele
und PC-Nutzung notfalls ganz unterlassen werden. Dies gilt allgemein bei
Übermüdung und Fieber oder sonstigen, zusätzlich anfallsfördernden Umständen.
Besondere Vorsicht
ist geboten beim Baden, besonders bei Sonnenschein. Baden nicht in offenem und tiefem
Wasser, und nur mit enger Aufsicht.
Auch von Kindern
und Jugendlichen mit Epilepsien, die keine fotogenen Anfälle erlitten haben,
sollte man wissen - sonst erfragen - ob ihr EEG eine Fotosensibilität
aufgedeckt hat, denn jedes 4. Kind mit einer Epilepsie (siehe oben) ist
fotosensibel. Besonders bei diesen Kindern besteht die Möglichkeit - wenn auch
nur geringe Wahrscheinlichkeit von 10 % - dass sie noch fotogene Anfälle
erleiden. Bei allen fotosensiblen Kindern sollte daher zumindest auf die o.a. Geräte-Empfehlungen
geachtet werden.
Auch bei
Anfallskindern ohne fotogene Anfälle und ohne Fotosensibilität ist die
erstmalige Auslösung von Anfällen durch Lichtreize nicht auszuschließen, wenn
auch sehr selten. Verhältnismäßig größer ist die Möglichkeit bei primär generalisierten Anfällen. Kinder mit partiellen/
fokalen Anfällen (ausgenommen bei Okzipitallappen-Epilepsien)
sind von fotogenen Anfällen dagegen kaum betroffen.
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